Herzschrittmacher
Begriffsbestimmung und Funktion
Wozu braucht man einen Herzschrittmacher?
Wer braucht einen Herzschrittmacher?
Was ist ein Herzschrittmacher?
Wie häufig sind Herzschrittmacher notwendig?
Operation: Wie wird operiert und was wird implantiert?
Welche Komplikationen können nach einer Operation auftreten?
Wie lange hält ein Herzschrittmacher?
Nachsorge: Was muß zu Hause besonders beachtet werden?
Was sind Zeichen einer Schrittmacherfehlfunktion?
Notfall
Kontrolluntersuchungen
Herzschrittmacher im Alltag: Spielen und Sport
Haushalt und öffentliches Leben
Kindergarten und Schule
Berufswahl
Reisen
Krankenhaus/ Arztbesuche
Kontaktadresse
Wozu braucht man einen Herzschrittmacher?
Der Herzmuskel kann sich nur dann zusammenziehen, und dadurch das Blut aus dem Herz pumpen, wenn zuvor eine elektrische Erregung der Herzmuskelzellen erfolgt ist. Diese Aufgabe übernehmen innerhalb des Herzens verschiedenen Gebiete in einer festgesetzten Reihenfolge. Der sogenannte Sinusknoten, der sich in der rechten Vorkammer des Herzens befindet, gibt ein elektrisches Signal, welches zum einen die Vorhofmuskulatur erregt, und andererseits über bestimmte Bahnen im Herzen zu der Herzkammer weitergeleitet wird. Die Verbindung der Erregung zu den Herzkammern erfolgt hierbei über den AV (Atrio-Ventrikular) - Knoten. Von hier aus wird die elektrische Erregung des Herzens weiter verteilt, daraus resultiert schließlich die mechanische Pumpfunktion Herzkammermuskulatur.
Wer braucht einen Herzschrittmacher?
Im wesentlichen existieren zwei Gruppen von angeborenen oder erworbenen Herzrhythmus-störungen, welche einen Herzschrittmacher notwendig machen: Zum einen kann der Ursprung der Erregung gestört sein, wir sprechen hier von einer Sinusknotenerkrankung, oder auch vom Sinusknotensyndrom, andererseits kann die Überleitung der Erregung von dem Vorhof zu der Herzkammer blockiert sein, was als AV-Block III (kompletter AV-Block) bezeichnet wird. In jedem Fall resultiert eine zu langsame Herzaktion, dadurch ist die Herzleistung eingeschränkt. Prinzipiell können sowohl die Störungen des Sinusknoten und des AV-Knotens angeboren oder erworben sein, etwa nach einer Herzoperation oder einer Herzmuskelentzündung. Vor allem bei den AV-Blockierungen nach einer Herzoperation kann es möglich sein, daß keine ausreichende eigene Herzaktion der Herzkammermuskulatur existiert, die betroffenen Kinder sind abhängig von einer künstlichen Erregung des Herzens, sie sind schrittmacherabhängig.
Nicht alle Kinder mit einer Sinusknotenerkrankung brauchen sofort einen Herzschrittmacher, und nicht alle Kinder mit einem angeborenen AV-Block brauchen im Kindesalter einen Herzschrittmacher. Beim Sinusknotensyndrom wird dann ein Herzschrittmacher notwendig, wenn Ohnmachtsanfälle aufgetreten sind, oder wenn es - meist nach einer Operation im Vorhofbereich zu einer schlechten Herzfunktion aufgrund des langsamen Herzschlages kommt. Beim angeborenen AV-Block muß eine Schrittmacheroperation erfolgen, wenn sich die Herzfunktion, und damit die Leistungsfähigkeit, des Kindes verschlechtert. Beim postoperativen AV-Block wird ein Schrittmacher eingesetzt, wenn die Blockierung nicht innerhalb von 2 Wochen nach der Operation rückgängig ist.
Was ist ein Herzschrittmacher?
Ein Herzschrittmacher ist eine künstliche Stromquelle, bestehend aus einer Batterie und Mikroelektronik, die über ein Kabel, die sogenannte Elektrode, mit dem Herzen verbunden ist und über 2 Pole einen elektrischen Impuls aussendet, der das Herz zum Schlagen bringt. Er ersetzt also die gestörte Erregungsbildung oder die gestörte Erregungsleitung des Herzens. Dadurch kann er einen Herzstillstand verhindern, eine Erhöhung der Schlagfolge bewirken, eine verbesserte Herzleistung erzielen und, beim AV-Block, eine Wiederherstellung der elektrischen Verbindung zwischen Vorhof und Herzkammer bewirken. Weiterhin soll er die eigenen Herzaktionen erkennen können.
Der Herzschrittmacher besteht aus einem Titangehäuse, wiegt ungefähr 25-30 g und ist ca. 50 x 40 x 8 mm groß. Im Innenern des Gehäuses befindet sich eine Batterie und ein Stimulationstherapiekontroll-system, welches über verschiedene Verstärker verfügt, und von außen mittels eines Programmiergerätes abgefragt und verändert werden kann. An diesen Herzschrittmacher werden unterschiedliche Elektroden (oder Schrittmacherkabel) angeschlossen, erst diese stellen den Kontakt zum Herzen her. Sie bestehen aus einem inneren Draht, welcher spiralförmig gedreht ist und sind von einer Kunststoffhülle umgeben. Die Elektrodenspitze ist nicht isoliert und stellt den Kontakt zum Herzen her.
Die Elektroden können hierbei in unterschiedlicher Weise mit dem Herzen verankert werden. Bei kleinen Kindern wird das Kabel in der Regel von außen auf dem Herzen aufgenäht, wir sprechen hier von epikardia-len Elektroden, diese werden durch die Außenhaut des Herzens in den Herzmuskel hineingeschraubt. Bei größeren Kindern wird die Elektrode durch die großen Venen in das Herz vorgeschoben (endokardiale Elektroden). Diese Elektroden können etweder im Herzen verhakt (Ankerelektroden) oder in die Herz-muskulatur hineingedreht werden (Schraubelektroden). Für die Herzerregung ist das Anbringen einer Spannung zwischen zwei Polen, einem negativem und einem positiven Pol, notwendig. Wir unterscheiden hier bipolare Elektroden, beide Pole befinden sich innerhalb des Herzens, von den unipolaren Schritt-macherelektroden, bei denen nur ein Pol im Herz ist und das Schrittmachergehäuse den anderen Stimulationspol darstellt. Alle Elektrodenarten können sowohl im Vorhof als auch in der Kammer eingesetzt werden, sowohl endokardial als auch epikardial.
Je nachdem, in welcher Herzkammer eine Herzschrittmacherkabel eingebracht wird, kann es im Vorhof, in der Herzkammer und im Vorhof und in der Herzkammer eine Herzaktion auslösen. Der Schrittmacher soll jedoch auch in der Lage sein, die eigenen Herzaktionen zu erkennen, so daß es nicht zu einer unkoordinierten Erregung, des Herzens durch den eigenen Herzschlag des Kindes und durch den Schrittmacher kommt, was zu Herzrhythmusstörungen führen kann. Das Erkennen herzeigener Aktionen wird als Wahrnehmung, oder auch Sensingverhalten des Schrittmachers bezeichnet. Ist die Überleitung der eigenen Herzerregung vom Vorhof auf die Herzkammer blockiert, wie beim AV Block III, so kann mit einer im Vorhof angebrachten Elektrode der Vorhofschlag vom Schrittmacher erkannt werden, und anschließend in dieser Vorhoffrequenz die Kammermuskulatur über die Elektrode in der Herzkammer erregt werden. Dieses Schrittmachersystem wird als physiologisch bezeichnet, da es die Funktion des ausgefallenen AV-Knotens ersetzt, und die normale Pulszahl des Kindes eingehalten wird.
Bei kleinen Kindern besteht das Risiko eines Gefäßverschlusses durch zwei in den noch sehr kleinen Gefäßen liegende Kabel , so daß häufig eine reine Kammerstimulation gewählt wird, die frequenzadaptive Kammerstimulation: Der Schrittmacher verfügt hierbei über einen Rüttelsensor, der auf Erschütterungen des Schrittmachergehäuses durch Bewegung der Kinder damit reagiert, daß die Schlagfolge des Herzens erhöht wird, und somit eine (fast) normale Anpassung der Herzleistung an verschiedene (körperliche) Belastungssituationen erfolgen kann, obwohl nur eine Kammerelektrode vorhanden ist.
Wie häufig sind Herzschrittmacher notwendig?
Ungefähr 1 Mio. Menschen leben mit einem Herzschrittmacher, in Deutschland sind es ca. 200.000, wobei die Zahl der Kinder unter 18 Jahren nicht genau bekannt ist, die größeren kinderkardiologischen Zentren betreuen ca. 50-100 Kinder mit Herzschrittmachern.
Die häufigsten Indikationen zur Schrittmachertherapie im Kindesalter stellen der angeboren totale AV-Block (ca. 1 von 15.000 Neugeborenen) und postoperativ erworbene Herzrhythmusstörungen bei angeborenen Herzfehlern dar. Bei bis zu 5% aller Herzoperationen kommt es zu einem postoperativen AV-Block III, in 50% der Fälle ist dieser nicht reversibel. Nach Vorhofumkehroperation (SENNING oder MUSTARD) bei d-Transposition der großen Gefäße treten im Langzeitverlauf häufig Herzrhythmus-störungen auf, insbesondere Sinusknotenerkrankungen, wobei nach 10 Jahren ungefähr 10 Prozent der Kinder Herzschrittmacher benötigen. Ungefähr 75% der Kinder und Jugendlichen mit einem AV-Block haben ihn nach einer Operation erworben, insbesondere bei Operationen im Bereich der oberen Herzscheidewand (Ventrikelseptumdefekt, Atrioventrikular Kanal, Aortenklappenoperationen), da hier der AV-Knoten verläuft.
In den allermeisten Fällen brauchen die Kinder, die einmal einen Herzschrittmacher gebraucht haben, diesen ihr ganzen Leben lang.
Operation: Wie wird operiert und was wird implantiert?
Die Schrittmacherimplantationen werden in Allgemeinnarkose durchgeführt, bei schrittmacher-abhängigen Patienten erfolgt eine vorübergenhende Stimulation über einen passager gelegten Stimulationskatheter (externer Herzschrittmacher).
Bei Säuglingen und Kleinkindern wird der Schrittmacher im Bauchbereich eingesetzt. Die Elektrode wird dann entweder direkt auf dem Herzen festgenäht, wobei die Operation ohne Herz-Lungen-Maschine erfolgt, oder unterhalb der Haut in Richtung Hals vorgeschoben und dann über eine große Vene im Bereich des Schlüsselbeines unter Röntgendurchleuchtung von innen in das Herz vorgeschoben. Hierbei werden jeweils Schlaufen unterhalb der Haut und innerhalb des Gefäßsystems gebildet, welche im zeitlichen Verlauf durch Längenwachstums mobilisierbar sind. Bei größeren Kindern erfolgt die Aggregatimplantation im Brustmuskulaturbereich. Nach Eröffnen der Haut und Präparation einer großen zum Herz führenden Vene erfolgt über eine Venenpunktion das Einführen der Elektroden. Bei guten elektrischem Kontakt des Elektrodenkabels zum Herz wird nach endgültiger Positionierung der Elektroden eine Schlaufe im Vorhof belassen, welche sich mit dem Längenwachstum der Kinder sozusagen aufziehen kann. Am Gefäßeintritt werden die Elektroden festgenäht, damit die Elektrodenpostion sich nicht verschieben kann. Der Schrittmacher wird mit den Elektroden verbunden und anschließend unter oder oberhalb des Brustmuskels, links oder rechts, unter der Haut eingestetzt und ebenfalls festgenäht, anschließend wird die Haut verschlossen.
Die Operation dauert ungefähr eine Stunde, der stationäre Aufenthalt dauert 3-7 Tage. Jedes Kind bekommt nach der Operation einen Herzschrittmacherausweis, in dem das Modell, die Firma des Herzschrittmachers und die eingesetzten Elektroden notiert sind. Dazu bekommen die Eltern nach jeder Schrittmacherüberprüfung einen Ausdruck der aktuell eingestellten Schrittmacherwerte.
Die Narben nach einer Herzschrittmacheropertaion sind klein, und wachsen gut zu. Im Bereich der Schrittmacherlage bleibt eine ca. 5 cm lange Narbe zurück, je nach der Lage der Elektroden kommen zusätzlich noch ein oder zwei kleine, ca. 1 cm lange Narben im Schlüsselbeinbereich oder auch neben der Brust hinzu. Eine spezielle Endokarditisprophylaxe ist nach einer reinen Herzschrittmacheroperation nicht notwendig, diese wird ggf. nur bei einem zusätzlich operiertem Herzfehler nötig.
Der beste Schrittmacher für ein Kind mit einer Überleitungsstörung vom Vorhof auf die Kammer, also beim AV-Block, ist ein Zweikammerschrittmacher, jedoch müssen wir bei der Entscheidung, welcher Schrittmacher eingesetzt wird, immer mit berücksichtigen, wie lang und groß die Kinder sind, wieviel Muskulatur und Fettgewebe vorhanden ist, ob sich nicht beim Einsetzen von 2 Elektroden das Gefäß verschließen könnte, und ob es bei Kindern mit komplexen Herzfehlern, bei denen später eine Glenn oder Fontan bzw. TCPC-Operation durchgeführt werden soll, sinnvoll ist, die Elektroden durch die Venen vorzuschieben. Um keine Vorhofrhythmusstöungen über die Jahre zu entwickeln, sollten bis zum Erwachsenenalter alle Patienten mit AV-Block III einen Zweikammer-Herzschrittmacher eingesetzt bekommen.
Welche Komplikationen können nach einer Operation auftreten?
Insgesamt sind Komplikationen nicht sehr häufig, und unter der entsprechenden Überwachung hat sich in unserer Klinik noch keine lebensgefährliche Situaion nach einer Herzschrittmacheroperation ergeben. Routinemäßig werden Antibiotika gegeben, um die Infektionsgefahr möglichst klein zu halten. Wichtig ist, daß nach der Entlassung zu Hause gut auf das Zuwachsen der Narbe geachtet wird, sollte sich hier Flüssigkeit entleeren, oder das Kind Fieber bekommen, muß die Klinik informiert werden. Einen Funktionsausfall des Schrittmachers sieht man an dem EKG auf Station, bei der Röntgenuntersuchung und der Herzschrittmachertestung nach der Operation. Ein Herzbeutelerguß kann sich manchmal aufgrund einer kleinen Blutung oder einer Entzündung bilden, ist aber gut durch eine Ultraschalluntersuchung zu erkennen. Eine Luftansammlung innerhalb des Brustkorbes nach einer Venenpunktion erkennt man auf einem postoperativen Röntgen-Bild, welches immer angefertigt wird. In einzelnen Fällen kann es schwierig sein, eine alte Elektrode zu entfernen, so daß unter Umständen mehrere Operationen notwendig sein können.
Wie lange hält ein Herzschrittmacher?
Zum einen ist, gerade bei kleinen Kindern, häufig eine wiederholte Operation wegen des Längenwachstums der Kinder nötig. Andererseits müssen die Kinder operiert werden, weil sich die Batterie des Herzschrittmachers verbraucht. Normalerweise sollte eine Batterie ungefähr 5-6 Jahre halten. Jedoch ist die Lebensdauer immer abhängig von dem eingestellten Stromverbrauch des Herzschrittmachers, der und dieser wiederum richtet sich nach dem Kontakt der Elektrode zum Herzen, der eingestellten Schrittmacherfrequenz und der Häufigkeit der Stimulation. Das bedeutet, daß im Einzelfall leider auch viel kürzere Batterieüberlebeszeiten vorkommen, zum Beispiel bei Säuglingen (die höhere Herzfrequenzen benötigen) oder bei schrittmacherabhängigen Kindern, wo ein höherer Stromverbrauch "aus Sicherheitsgründen" eingestellt werden muß. Bei Kindern hingegen, die den Herzschrittmacher sozusagen nur zum "Abfangen" eines zwischenzeitlich langsamen Herzschlages, zum Beispiel nachts, haben, müssen die Grenzen nicht ganz so eng eingestellt werden, und die Schrittmacherbatterie wird eine längere Lebensdauer haben.
Im Langzeitverlauf sind wiederholte Operationen aufgrund von Längenwachstum, Batterieerschöpfung, Elektrodenproblemen und auch dem evtl. zugrunde liegendem Herzfehler notwendig. Eine Batterieerschöpfung sollte hierbei durch Pulszählen, nämlich durch Absinken der Pulsfrequenz, erkannt werden, Elektrodenprobleme wie ein Elektrodenbruch oder das Ablösen der Elektrode vom Herzmuskel hingegen treten zumeist plötzlich auf.
Nachsorge: Was muß zu Hause besonders beachtet werden?
Ganz allgemein erkennt man eine mögliche Fehlfunktion an den indirekten Auswirkungen eines zu langsamen oder unregelmäßigen Herzschlages, so durch eine verminderte Belastbarkeit. Spielunlust, schlechtere Ausdauer, Müdigkeit und Abgeschlagenheit, schnelle Atmung und Zyanose können auffallen. Bei Säuglingen fällt eine vermehrte Schwitzneigung auf, sie trinken nicht mehr, sehen grau um den Mund herum aus. Eventuell sind die Lippen blau, oder die Augenlider geschwollen.
Wir empfehlen routinemäßig mindestens einmal in der Woche den Herzschlag oder Puls der Kinder zu fühlen und zu zählen. Die Eltern sollten immer wissen, wie die untere Frequenz des Herzschrittmachers eingestellt ist, um so erkennen zu können, ob der Schrittmacher noch richtig funktioniert. Die sicherste Methode ist es, mit einem Stethoskop, oder auch direkt mit dem Ohr direkt auf dem Brustkorb des Kindes zu horchen, und den Herzschlag über eine Minute lang auszuzählen. So können nicht nur Komplikationen erkannt werden, sondern es kann auch ein Absinken der Herzfrequenz unter den eingestellten Schrittmacherwert als Zeichen einer beginnenden Batterierschöpfung erkannt werden. Fieber in Kombination mit einer Rötung oder Schwellung im Bereich der Schrittmachernarbe sind ein Warnzeichen für eine Infektion des Schrittmachers. Manchmal kommt es zu einer Miterregung der Zwerchfell oder der Brustmuskulatur, was sich in unangehmen Zucken dieser Muskeln äußert, aber kein Schrittmacherversagen hinsichtlich der Herzerregung darstellt. Ohnmachtsanfälle sind eine ernstes Zeichen für eine Schrittmacher-fehlfunktion, Ursache kann z.B. ein Elektrodenbruch, eine Batterieerschöpfung oder ein Reizschwellenanstieg durch schlechten Kontakt der Elektrode zum Herzmuskel sein.
Was sind Zeichen einer Schrittmacherfehlfunktion?
Zeichen einer möglichen Schrittmacherfehlfunktion können sein, daß der Herzschlag zu langsam ist, also unterhalb der eingestellten Herzfrequenz liegt. Weiterhin kann ein unregelmäßiger Herzschlag, oder auch Herzrasen eine Fehlfunktion anzeigen. Durch Druck oder durch eine Infektion kann es zu einer Rötung der Schrittmachertasche oder gar zu einer Schwellung oder zum Durchschimmern des Schrittmachers oder der Kabel durch die Haut kommen, hier ist eine Vorstellung in der Klinik, ggf. eine neue Operation notwendig. Muskelzucken an sich ist nicht sehr beunruhigend zu werten, jedoch sollte beim Auftreten all der hier dargestellten Auffälligkeiten ein Anruf in der Klinik erfolgen, in Abhängigkeit von dem Gespräch mit den Ärzten dann eine Vorstellung in der Klinik.
Notfall
Bei ernsten Auffälligkeiten des Kindes wie fehlender Atmung, fehlendem oder extrem langsamen Puls und "leblosem" Aussehen des nicht ansprechbaren, auch nicht auf Anschreien oder Schütteln reagierenden Kindes, muß sofort mit der Wiederbelebung begonnen werden, und der Notarzt über die Feuerwehrnummer gerufen werden.
Wir empfehlen allen Eltern mit herzschrittmacherabhängigen Kinder, regelmäßig Wiederbelebung-sübungen durchzuführen, entweder nach Terminvereinbarung in der Klinik, oder auch bei Rettungsorganisationwn wie dem Roten Kreuz oder den Johannitern.
Kontrolluntersuchungen
Zunächt 4 und 8 Wochen nach der Operation, dann alle 6 Monate, und vor dem erwarteten Austauschzeitpunkt wiederum öfters, ist eine Kontrolluntersuchung notwendig. Das wichtigste ist hierbei, daß die Eltern, oder auch die Kinder von Besonderheiten berichten, wie Herstolpern, Herzasen, Schwindel oder Ohnmachtsanfällen. Die Längenmessung ist insbesondere wegen der Kabellänge und der Planung eventueller Röntgenbilder wichtig. Bei der körperlichen Untersuchung werden Zeichen einer verminderten Herzleistung erkannt, besonderes Augenmerk bekommt der Zustand der Schrittmachertasche und die Narbe.
Nach Schreiben eines EKGs mit und ohne Auflage eines Magneten und der Schrittmachertestung wird die aktuelle Schrittmachereinstellung angepaßt: Es wird überprüft, ob ein eigener Herzschlag vorliegt, um einen möglichst sparsamen Batterieverbrauch einzustellen. Der gemessene Widerstand der Elektrode gibt Hinweise auf den Kontakt zum Herzen. Die Reizschwelle, die Stromeinstellung, die gerade noch zu einer Erregung des Herzens führt, wird im Verlauf zur letzten Untersuchung beurteilt, so daß Elektrodenprobleme frühzeitig erkannt werden können. Gerade bei Kindern mit überwiegendem eigenem Herzrhythmus wird noch das Erkennungsverhalten des Schrittmachers eigener Herzschläge überprüft, damit kein Herzrasen auftreten kann. Alle Eltern sollten zu der Untersuchung den Herzschrittmacherausweis mitbringen, die letzte Einstellung wird dann ausgedruckt, und mit dem Ausweis den Eltern mitgegeben. Dieser Ausdruck und der Herzschrittmacherausweis müssen IMMER beim Kind sein, daß im Notfall jeder behandelnde Arzt über den eingebauten Schittmacher und die zuletzt programmierten Werte informiert ist.
Die Ultraschalluntersuchung ist insbesondere bei Kindern mit anatomischen Herzfehlern wichtig, so daß eine Gesamtbeurteilung des medizinischen Zustandes des Kindes erfaßt werden kann, und nicht nur der Zustand des Herzschrittmachers. Langzeit-EKG Untersuchungen dienen zum einen der Erfassung von Herzrhythmusstörugen, dann zur Beurteilung der Schrittmacherfunktion, und hier besonders zur Anpassung der frequenzadaptiven Einstellung, also der Einstellung des Rüttelsensors. In Ausnahmen können noch eine Belastungs-EKG oder eine Belastungs-Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden.
Wichtig ist, daß die Eltern nach der Untersuchung wissen, auf welche Herzfrequenz der Schrittmacher eingestellt ist, um so zu Hause beim Pulszählen die Funktion des Schrttmachers überprüfen zu können.
Herzschrittmacher im Alltag: Spielen und Sport
Prinzipiell sollte Kindern mit Herzschrittmachern, die nicht durch einen zusätzlichen Herzfehler vom Sport zurückgestellt sind, all das möglich sein, was die anderen Kinder auch tun. Das heißt, daß Kleinkinderspiele, wie Verstecken, Fangen, Klettern und Spielen auf dem Spielplatz, aber auch Radfahren, Tennis, Ballspiele wie Fußball, Brennball oder Basketball, auch Rennen, Werfen und Kugelstoßen, Hochsprung und Weitsprung, Gymnastik, Bodenturnen sowie Rudern, Segeln und Schwimmen, einschließlich Springen vom Beckenrand und dem 1 Meterbrett erlaubt sind. Leistungssportarten sollten nur nach Rücksprache durchgeführt werden. Bei kleineren Kindern, wo der Kraftaufwand noch geringer ist, und bei Kindern, die noch einen ausreichenden eigenen Herzschlag haben, kann auch Schlittschuhlaufen, Geräteturnen (in begrenztem Umfang), Skateboardfahren und Inline-Skating sowie (Eis-) Hockey noch erlaubt werden. Bei Jugendlichen und schrittmacherabhängigen Kindern, würden wir eher vonKontaktsportarten, wie auch vom Reiten, abraten, weil die direkte Verletzungsgefahr des Schrittmachers, oder - bei starken Drehbewegungen - auch des Kabels, zu befürchten sind. Absolut verboten sind der Stufenbarren, sowie Kampfsportarten wie Karate, Judo, Boxen, Taek-won-do und Kontaktsportarten, dabei auch Mannschaftssportarten wie Rugby oder American Football, sowie Turmspringen.
Haushalt und öffentliches Leben
Im Haushalt und öffentliches Leben sind die meisten Geräte harmlos, so z.B. Radio, Fernsehen, Fernbedienung, die KFZ-Zündung und Heizkissen, auch fast alle Heimwerker- und Bohrmaschinen (Ausnahme: Schweißgerät), sowie die Mikrowelle u.a. Haushaltsgeräte. Ein schnurloses Telefon ist harmlos, am Flughafen ist rechtzeitig der Schrittmacher-Ausweis vorzulegen. Der unmittelbare Aufenthalt vor sehr große Lautsprecherboxen, wie zum Beispiel in der Disco und bei Livekonzerten sollte vermieden werden, da diese über ein starkes magnetisches Feld verfügen..
In mehreren Untersuchungen wurde nachgewiesen, daß es bei der Benutzung von Handys (D-Netz häufiger als E-Netz) zu Schrittmacherstörungen kommen kann, dies gilt jedoch nur, wenn das Funktelefon näher als einen halben Meter an den Schrittmacher herankommt, und tritt auch nur sehr selten auf, so daß insgesamt keine große Beunruhigung entstehen sollte. Viele Erwachsene mit Herzschrittmacher benutzen selber Handys, jedoch nur auf der dem Schrittmacher abgewandten Körperseite. Die Beeinflussung ist zusätzlich auch abhängig von dem verwendeten Handy, der Schrittmacherprogrammierung und dem eingesetzten Herzschrittmacher. Sollte es für Sie im Einzelfall absolut notwendig sein, ein Funktelefon auch in der Nähe Ihres Kindes zu benutzen, empfehlen wir daher, das Telefon zur nächsten Schrittmachertestung mitzubringen, so daß wir eine individuelle Sicherheitstestung vornehmen können.
Prinzipiell können alle Störungen des Herzschrittmachers zu einer vorübergehen, oder auch andauernden Fehlfunktion des Schrittmachers führen, die sich sowohl in einem zu schnellen als auch in einem zu langsamen Herzschlag äußern können.
Das gleiche wie für Handys gilt auch für Mobilfunkanlagen und elektronische Diebstahl-sicherungsanlagen. In Kaufhäusern sollte die Alarmschranke immer schnell durchschritten werden, die Kinder sollten hier nicht stehenbleiben. Absolut verboten ist der Aufenthalt in Umspannanlagen, auch Elektroschweißgeräte sollten nicht in unmittelbarer Nähe von Herzschrittmacherträgern benutzt werden.
Kindergarten und Schule
Im Kindergarten und in der Schule sollten die Kinder völlig normal in den Gruppenverband einbezogen werden, so daß eine Absonderung der Kinder vermieden werden kann. Selbstverständlich müssen Erzieher und Lehrer informiert sein, ob und warum der Herzschrittmacher für das betreffende Kind notwendig ist, auch sollte der Schrittmacherausweis und der Ausdruck mit den zuletzt programmierten Werten immer beim Kind sein. Wichtig ist, gerade bei korrigierend operierten Herzfehlern oder bei strukturell herzgesunden Kindern, daß kein Krankheitsempfinden durch den Herzschrittmacher besteht. Bei herzschrittmacher-abhängigen Kindern empfehlen wir ein Wiederbelebungstraining für die Erzieher und Lehrer durchzuführen.
Berufswahl
Die Entscheidung über die richtige Berufswahl ist von sehr wichtiger Bedeutung. Erneut sollten sich die Eltern, und auch die Jugendlichen vergegenwärtigen, daß der Schrittmacher sie für aller Voraussicht nach ihr ganzen Leben begleiten wird, daß aber trotzdem fast alles machbar ist. So ist die größte Einschränkung der Berufswahl abhängig von einem evtl. vorliegendem begleitendem Herzfehler, der insbesondere die körperliche Belastbarkeit unter Umständen einschränken kann.
Eine mögliche Schrittmacher-Beeinflussung ist prinzipiell durch starke Stromquellen möglich, im einzelnen treten Störungen durch elektromagnetische Felder, mechanische Stoßwellen, ionisierende Strahlung, starke thermische oder magnetische Belastungen, galvanische Störungen und elektrische Felder auf. Daher sollten alle Berufe vermieden werden, die mit Starkstromgeräten, wie starke Elektromotoren, Elektrolyse-Anlagen und Hochfrequenzsendern zu tun haben. Lichtbogenanlagen ("Öfen"), die zur Stahl-, Kunststoff- und Aluminiumherstellung genutzt werden, oder auch Induktionsöfen zur Stahlherstellung dürfen nicht besucht werden. Dies gilt selbstverständlich auch für Vorführungen, z.B. im Rahmen eines Berufsbegehungstages.
Eine automatische Zurückstellung von Zivildienst oder Wehrdienst besteht nicht, auch Anträge auf Rentenansprüche oder Schwerbehinderungen sind im Einzellfall zu beantragen; die Klinik hat hierbei lediglich eine Gutachterrolle bei Anfragen der Kassen. Eine "Schwerbehinderung" lediglich aufgrund des Tragens eines Herzschrittmachers, also ohne Herzfehler, bei normaler Belastbarkeit, besteht nicht, im Gegenteil sind diese Kinder und Jugendlichen mit Schrittmacher als herzgesund zu betrachten.
Reisen
Prinzipiell sind Reisen unbedenklich, bei Flugreisen sollte jedoch unbedingt die Flughafenkontrolle beachtet werden, dazu muß der Herzschrittmacherausweis mitgeführt werden. Bei Reisen ins Ausland ist es, gerade bei komplizierten Herzfehlern, und schrittmacher-abhängigen Kindern empfehlenswert, den letzten Arztbrief (ggf. in die jeweilige Landessprache oder ins Englische übersetzt) mitführen, und sich im Einzelfall vorher über uns über Krankenhäuser mit einer kinderkardiologischen Abteilung in der Nähe informieren zu lassen. Viele Kliniken sind auch im Internet vertreten, so daß sich hier eine Suche lohnen kann.
Der Schrittmacher funktioniert genauso verläßlich im warmen wie im kalten Klima, jedoch sollten Jugendliche z.B. beim Tragen von Rücksäcken vorher ausprobieren, ob es nicht zu einer Druckbelastung an der Schrittmachertasche kommt. Bei Extremreisen, oder längeren Auslandsaufenthalten empfehlen wir, vorher nochmals eine Schrittmachertestung durchführen zu lassen. Unabhängig von dem Schrittmacher sollte bei herzoperierten Kindern auch im Ausland immer an die Endokarditisprophylaxe gedacht werden, und im Zweifelsfall immer eine Arzt vor Ort aufgesucht werden.
Krankenhaus/ Arztbesuche
Viel gefährlicher vielleicht als auf Reisen kann es im Krankenhaus oder bei einer ambulanten Behandlung sein. Das wichtigste ist es hierbei, den Arzt oder Zahnarzt darauf hinzuweisen, daß das Kind Herzschrittmacherträger ist, und den Schrittmacherausweis vorzulegen. und evtl. eine Kopie des letzten Arztbriefes mitzuführen.
Besondere Gefahr besteht bei der Nuklear-Magnet-Resonanz Untersuchung (auch NMR, MRT, oder Kernspintomographie genannt), weil hier mit starken Magnetfeldern Schnittbilder (ähnlich wie bei der Computertomographie) erzeugt werden, und es durch das Magnetfeld zu einer Umstellung des Herzschrittmachers kommen kann. Daher sollte bei einer entsprechenden Fragestellung bei Ihrem Kind immer eine CT-Untersuchung statt dessen durchgeführt werden.
Bei jeder Operation werden normalerweise sog. Elektrokauter verwendet, um kleine blutende Gefäße zu veröden, und damit Blutungen zu stillen. Diese dürfen bei ihren Kinderen aber nicht, oder nur unter Abwägung der Risiken und entsprechender Überwachung, z.B. in der Herzchirurgie, verwendet werden, da sie den Schrittmacher in der Funktion kurzzeitig oder auch dauerhaft stören können.
In der Onkologie sollte die Anwendung von Hochfrequenz-Srahlentherapie und ionisierender Strahlung nur nach Absprache der behandelnden Ärzte untereinander erfolgen. Andere Therapieverfahren, wie sie z.T. in der Orthopädie angewandt werden, wie Elektrobäder, Reizstromgeräte, oder Magnetfeld-Therapie sollten nicht erfolgen. Weiterhin sind Nierensteinzertrümmerer, sog. Lithotripter wegen ihrer starken mechanischen Wellenerzeugung zu meiden.
Keine Gegenanzeige gibt es gegen die sog. externe Defibrillation, oder auch Elektroschocktherapie bei lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen, jedoch sollte der Schrittmacher danach mit einem Programmiergerät untersucht werden. Diagnostische und interventionelle Herzkatheter-untersuchungen sowie Elektrophysiologische Untersuchungen und Hochfrequenzstromablationen stellen kein Risiko für die Schrittmacherfunktion dar.
Dieser Artikel wurde auf Anregung des Vereins der Eltern Herzkranker Kinder in Giessen geschrieben und im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung für Eltern betroffener Kinder im Herbst 1997 in Giessen vorgetragen. Insbesondere möchte ich auch Frau Bartkowiak für Ihr Engagement für Kinder mit Herzschrittmachern danken.
Kontaktadresse
Fr. Dr. Maria Gonzalez
E-Mail: Maria.Gonzalez@paediat.med.uni-giessen.de
Feulgenstr. 12
Funktionsbereich Elektrophysiologie und Rhythmussprechstunde
Abteilung für Kinderkardiologie
Kinderherzzentrum der Justus Liebig Universität Giessen
35385 Giessen