Ein Unternehmen der RHÖN-KLINIKUM AG
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AG Roessler - Neurosonologie

Die klinische Ultraschallforschung verfolgt das Ziel, neue diagnostische und therapeutische Applikationen zu generieren und in der klinischen Praxis systematisch zu erproben.

 
 

Priv.-Doz. Dr. Dr. med. habil. Florian C. Roessler

Mitarbeiter*innen

Dr. med. Benjamin Würzer, Dr. med. Tobias Frühwald, Markus Radder, Anna Bodemeyer, Florian Jann, Nicolas Kalms, Thomas Stein, Nils Stöckmann, Helga Reckhaus

 

Schwerpunkte und Projekte der Arbeitsgruppe

Das Spektrum der Forschung reicht von Grundlagenexperimenten im Labor bis zur klinischen Forschung und der Beteiligung an der Erstellung von Leitlinien. Die klinische Ultraschallforschung verfolgt das Ziel, neue diagnostische und therapeutische Applikationen zu generieren und in der klinischen Praxis systematisch zu erproben.

Das Neurosonologische Labor der Neurologischen Klinik des UKGM Gießen ist als European Reference Center of Neurosonology anerkannt.

 

Experimentelle Projekte:

Das Sonothrombolysemodell

Bei der akuten Schlaganfalltherapie ist die frühzeitige Wiedereröffnung (Rekanalisation) des verschlossenen Gefäßes von höchster Bedeutung, da so Hirngewebe gerettet und das Ausmaß der drohenden Beeinträchtigung des Patienten deutlich verringert werden kann.

Wir untersuchen an einem mechanischen Flussmodell (Abb. 1) unterschiedliche Verfahren zur Auflösung von Blutgerinnseln, die aus Hirngefäßen von Schlaganfallpatienten stammen oder aus humanem Vollblut artifiziell generiert wurden.

Abb. 1: Das Flussmodell. Die durchgezogenen Pfeile geben die Flussrichtung der Blutersatzflüssigkeit an. Die gestrichelten Pfeile stellen die Möglichkeiten zur Beeinflussung der hydrodynamischen Bedingungen innerhalb des Modells dar. Die gepunkteten Pfeile kennzeichnen den Weg der Datenerfassung. Der weiße Doppelpfeil entspricht der Laufrichtung des Ultraschalls bei der Laufzeitdifferenzmessung. Zur besseren Übersicht ist nur eins der zwei parallel angeordneten Nadelventile abgebildet.

 

Auf diese Weise sollen alternative Therapien für die Akutversorgung des Schlaganfalls entwickelt werden. Von besonderem Interesse ist dabei der Einsatz von Ultraschall, da er für den Patienten nebenwirkungsfrei ist und durch die Auflockerung des Blutgerinnsels zu einer verbesserten Auflösung des Blutgerinnsels beiträgt.

Die Blutgerinnsel werden vor und nach der Thrombolyse elektronenmikroskopisch untersucht, um die Auswirkungen der unterschiedlichen Thrombolyseverfahren auf das Blutgerinnsel auch bildgebend zu erfassen. Ein Beispiel dazu ist in Abbildung 2 zu sehen.

Abb. 2: Rasterelektronenmikroskopie von Blutgerinnseln. Links ein unbehandeltes Blutgerinnsel. Rechts ein Blutgerinnsel, dass unter der Einwirkung von Acetylsalicylsäure (Aspirin) entstand und dann mit Desmoteplase und Ultraschall (2 MHz, 0.179 W/cm2) teilweise aufgelöst wurde. Zu erkennen sind Fibrinfäden, in deren Netzwerk Erythrozyten gefangen sind. Unter ASS bildet sich ein schwächeres und weniger dichtes Fibrinnetz aus, das unter der Einwirkung des Ultraschalls noch weiter aufgelockert wird. Thrombolytika, wie hier Desmoteplase können so tiefer in das Blutgerinnsel eindringen, was zu einer deutlichen Zunahme der Thrombolyse führt.

Speckle tracking

Die Liquorzirkulation wird durch viele Hirnerkrankungen pathologisch verändert. Die Diagnose einer Liquorzirkulationsstörung wird derzeit über die klinische Untersuchung, bildgebende Verfahren oder eine invasive Liquordruckmessung gestellt. Damit ist die Diagnostik insbesondere bei vigilanzgeminderten Patienten oft unzuverlässig, aufwendig bzw. risikobehaftet. Ziel dieses Projekts ist deshalb die Entwicklung eines gänzlich neuen Verfahrens, mit dem Störungen der Liquorzirkulation nicht-invasiv, nebenwirkungsfrei und direkt am Patientenbett erkannt werden können.

Aufgrund der Monro-Kellie-Doktrin ist anzunehmen, dass sich Druckveränderungen im Gehirn, die sich einerseits physiologisch durch das ein- und ausströmende Blut, andererseits aber auch pathologisch durch raumfordernde Prozesse ergeben, auf das Hirnparenchym und die Liquorräume übertragen. In Abhängigkeit von den herrschenden Druck- und Liquorzirkulationsverhältnissen sollte sich deshalb die Pulsation des III. Ventrikels verändern.

Mittels diagnostischer, transkranieller B-Bild-Sonographie werden die Bewegungen der Seitenwände des III. Ventrikels zeitkontinuierlich aufgezeichnet. Diese EKG-getriggerten Videosequenzen werden offline mit einem speckle-tracking-Algorithmus analysiert und die relative Veränderung des Durchmessers (Deformation) des III. Ventrikels bestimmt. Zwischen der Amplitude und der Form der Deformationskurven sowie deren Phasenverschiebung zum EKG sollen Korrelationen zu verschiedenen Erkrankungen mit Liquorzirkulationsstörungen oder erhöhtem Hirndruck hergestellt werden. Das Verfahren würde sich zur nichtinvasiven Diagnostik sowie zur Verlaufs- und Therapiekontrolle z.B. bei Patienten mit einem Pseudotumor cerebri, einer externen Ventrikeldrainage oder einem Hydrocephalus occlusus anbieten.

Das Speckle-tracking Verfahren. Der III. Ventrikel wird transkraniell unter Verwendung der herkömmlichen diagnostischen B-Bild-Sonographie (1-5 MHz Sektorschallsonde) dargestellt. Anschließend werden EKG-getriggerte Videos dieser Struktur aufgezeichnet. Auf dem ersten Bild des Videos werden die Seitenwände des III. Ventrikels mit jeweils einem Marker versehen. Der speckle-tracking-Algorithmus überträgt dann diese Marker auf jedes weitere Bild des Videos. Aus dem Abstand der beiden Marker kann damit der Abstand der Ventrikelseitenwände zeitkontinuierlich bestimmt werden. Für jeden Herzzyklus ergibt sich so schließlich eine pulssynchrone relative Deformationsänderung des III. Ventrikels bezogen auf den Abstand der Ventrikelseitenwände zum Zeitpunkt der R-Zacke im EKG.

 

Klinische Projekte:

Die THROMBEX-Studie

Der Behinderungsgrad von Patienten mit einem akuten embolischen Schlaganfall wird vermutlich von der histologischen Beschaffenheit des gefäßverschließenden Blutgerinnsels und damit von dem zugrundeliegenden Pathomechanismus entscheidend beeinflusst. Die THROMBEX-Studie soll klären, ob es unterschiedliche Arten von Blutgerinnseln gibt, die sich bestimmten Pathomechanismen zuordnen lassen und ob sich dabei ein Zusammenhang zum klinischen Verlauf und dem Behinderungsgrad der Patienten herstellen lässt. Ferner soll untersucht werden, ob es anamnestische und klinische Prädiktoren oder Hinweise in der zerebralen Computertomographie für bestimmte Blutgerinnselarten bzw. für den Behinderungsgrad gibt. Dazu werden Blutgerinnsel, die aus Hirngefäßen von Schlaganfallpatienten mittels mechanischer Rekanalisation (Thrombektomie) entfernt wurden, histologisch aufgearbeitet und mit dem klinischen Verlauf des Patienten und dessen Schlaganfallgenese korreliert. Die Ergebnisse dieser Studie sollen dazu beitragen, Schlaganfallursachen früher zu erkennen und damit auch früher sekundärprophylaktisch behandeln zu können. Ferner hoffen wir anhand der Studie Hinweise dafür zu bekommen, wie sich die akute Schlaganfalltherapie in Hinblick auf das zugrundeliegende Blutgerinnsel optimieren lässt.

Histologische und immunhistologische Färbungen eines Blutgerinnsels. Anhand der histologischen und histochemischen Färbungen werden die Blutgerinnsel klassifiziert. Von Bedeutung ist dabei das Verteilungsmuster der Thrombozyten, die Struktur des Fibrinnetzes sowie das Verhältnis von zerfallenen und nicht zerfallenen Erythrozyten bzw. neutrophilen Granulozyten. 1 = Sedimentierte Erythrozyten; 2 = Fibrinnetz mit Proteinen, Leukozyten und Erythrozytenfragmenten; 3 = Fibrinnetz; 4 = Thrombozyten.

Die SONSD-Studie

Der Nervus opticus ist anatomisch ein Teil des zentralen Nervensystems. Er wird innerhalb seiner Hülle, der Optikusscheide, von Liquor umspült, die somit in direkter Verbindung mit dem Subarachnoidalraum steht. Da es sich um ein zusammenhängendes Kompartiment handelt, werden intrakranielle Druckerhöhungen auf die Optikusscheide übertragen. Der Sehnerv stellt somit ein „Fenster“ zu den intrakraniellen Druckverhältnissen des Liquorraums dar.

Die SONSD-Studie soll die klinische Relevanz der sonographischen Durchmesserbestimmung der Optikusscheide (Clinical Significance of sonographic monitoring of the Optic Nerve Sheath Diameter) nachweisen. Dazu wird sonographisch der Durchmesser der Optikusscheide (Optic Nerve Sheath Diameter = ONSD) von Patienten mit erhöhtem Hirndruck mehrmals täglich gemessen und mit dem klinischen und therapeutischen Verlauf sowie mit dem invasiv bestimmten Hirndruck und der computertomographisch bestimmten Mittellinienverlagerung korreliert.

Das Ziel des Forschungsvorhabens ist die Evaluierung und Etablierung der transbulbären Sonographie als ein objektives, nicht-invasives, günstiges und leicht anwendbares diagnostisches Bedside-Verfahren zum intrakraniellen Druckmonitoring.

Die Optikussonographie könnte zukünftig einen erheblichen Beitrag zur Verbesserung der Diagnose- und Therapieplanung bei Patienten mit erhöhtem Hirndruck leisten und dabei den Einsatz invasiver Hirndruckmessungen reduzieren. Bildgebende Verfahren, die aufgrund des aufwendigen Transports eine Belastung für den Patienten darstellen und im Falle eines CCTs zusätzlich mit einer Strahlenexposition verbunden sind, könnten gezielter eingesetzt oder z.T. vermieden werden.

Bestimmung des Durchmessers der Optikusscheide (ONSD): Der Patient befindet sich in Rückenlage und hat die Augen geschlossen. Die Linearschallsonde (Sendefrequenz: i.d.R. 7.5 oder 10 MHz; Mechanical Index: 0.2) wird etwas lateral auf den Bulbus aufgesetzt. Gemessen wird der ONSD 3 mm hinter der Lamina cribrosa in der transversalen Ebene als Abstand zwischen den äußeren Grenzen (rot gepunktete Linien) der hyperechogenen Zonen, die den hypoechogen dargestellten Optikusnerven (begrenzt durch die grün gestrichelte Linie) umgeben. Die hyperechogenen Zonen stellen den trabekeldurchsetzten Subarachnoidalraum dar. Die außen anliegende hypoechogene Zone entspricht der Dura mater und dem periorbitalen Fettgewebe (blaue Pfeile). (Die schematische Darstellung in der Mitte wurde freundlicherweise zur Verfügung gestellt von SINAI EM Ultrasound).

 

Preise

Würzer B, Laza C, Kaps M, Junge B, Roessler FC. Sonographische Darstellung von Pulsationen des III. Ventrikels zur Detektion von Liquorzirkulationsstörungen. Journal für Anästhesie und Intensivbehandlung. Abstractband vom Internationalen Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege (ANIM 2017, 34. Jahrestagung). S. 75. ISSN 0941-4223

2. Platz beim Posterwettbewerb der ANIM in Wien 2017

 

Roessler FC, Oberneyer M, Stellmacher F, Eckey Th, Ohlrich M, Royl G, Münte Th., M. Kaps. Die THROMBEX–Studie: Korrelation zwischen Thrombushistologie und Outcome thrombektomierter Schlaganfallpatienten. P51, E-Book der Neurowoche 2014. URN:nbn:de:101:1-2014082611528.

1. Platz beim Posterwettbewerb der DGN in München 2014

 

Drittmittel

Juni 2015        

Projekttitel: In vitro investigations of the increased thrombolytic efficacy of a combined treatment with tenecteplase, therapeutic ultrasound and microbubbles in acute ischemic stroke

Förderer: Boehringer Ingelheim International GmbH

 

Kollaborationen

PD Dr. med. Georg Royl (Klinik für Neurologie, UKSH Lübeck)

Prof. Dr. med. André Kemmling (Klinik für Neuroradiologie, UKGM Marburg)

Dr. med. Julika Ribbat-Idel (Institut für Pathologie, UKSH Lübeck)

Prof. Dr. rer. biol. hum. Inke R. König (Institut für Medizinische Biometrie und Statistik, Universität zu Lübeck)

PD Dr. Ulrich Gärtner (Institut für Anatomie und Zellbiologie der Justus-Liebig-Universität)

Dipl. Ing. Marc Schmieger (Fraunhofer Institut für Biomedizinische Technik, Ultraschall Systementwicklung, St. Ingbert)

 

Kontakt // Interesse an Doktorarbeiten

Priv.-Doz. Dr. Dr. med. habil. Florian C. Roessler

Ockstädter Str. 3-5, 61169 Friedberg

Tel.: +49 6031 - 89 – 3543 / Fax: +49 6031 - 89 - 3310

 
Publikationen (exemplarisch)
  • Roessler FC, Kalms N, Jann F, Kemmling A, Ribbat-Idel J, Stellmacher F, König IR, Ohlrich M, Royl G. First approach to distinguish between cardiac and arteriosclerotic emboli of individual stroke patients applying the histological THROMBEX-classification rule. Scientific Reports. 2021; 11(1):8433. doi: 10.1038/s41598-021-87584-2
  • Frühwald T, Gärtner U, Stöckmann N, Marxsen JH, Gramsch C, Roessler FC. In vitro examination of the thrombolytic efficacy of tenecteplase and therapeutic ultrasound compared to rt-PA. BMC Neurol. 2019; 19(1):181-191. doi: 10.1186/s12883-019-1404-5.
  • Würzer B, Laza C, Pons-Kühnemann J, Kaps M, Junge B, Roessler FC. Speckle Tracking in Transcranial Ultrasound Allows Noninvasive Analysis of Pulsation Patterns of the Third Ventricle. Ultrason Imaging. 2017; Dec 1:161734617745670. doi: 10.1177/0161734617745670
  • Roessler FC, Schumacher S, Sprenger A, Gärtner U, Al-Khaled M, Eggers J. Clot formation in the presence of acetylsalicylic acid leads to increased lysis rates regardless of the chosen thrombolysis strategy. Journal of Vascular Research. 2016; 53:128-137.
  • Roessler FC, Wang Z, Schumacher S, Ohlrich M, Kaps M, Menciassi A, Eggers A. In vitro examination of the thrombolytic efficacy of desmoteplase and therapeutic ultrasound compared with rt-PA. Ultrasound in Medicine and Biology. 2015; 41(12):3233-3240.