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Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen

Die Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen hat in Gießen eine besonders lange Tradition: sie findet hier bereits seit 35 Jahren statt.

Selbsthilfegruppen-Unterstützung in Gießen – eine lange Tradition

Selbsthilfegruppen sind populär geworden. Wissenschaftler haben sie erforscht, Politiker aller Parteien loben sie, und inzwischen werden auch öffentliche Gelder in nicht unerheblichem Umfang dafür bereitgestellt. Wahrscheinlich ist nur wenigen Gießener Bürgern bewusst, dass in ihrer Stadt die Erforschung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen eine ganz besonders lange Tradition hat. Bereits 1977, also vor mehr als vier Jahrzehnten, begann hier an der Psychosomatischen Universitätsklinik mit finanzieller Unterstützung durch das (damals noch Bonner) Gesundheitsministerium das bundesweit erste Forschungsprojekt auf diesem Gebiet, welches sich speziell mit „psychologisch-therapeutischen Selbsthilfegruppen“ beschäftigte. Prof. Michael Lukas Moeller wurde damit zum „Vater der Selbsthilfe“ in Deutschland, und Gießen wird oft als ihre „Wiege“ bezeichnet.

Seitdem haben sich eine Vielzahl solcher Gesprächsgemeinschaften in Gießen gebildet, meist mit fachlicher Unterstützung durch die Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen, die nach wie vor an der Psychosomatischen Universitätsklinik angesiedelt ist. Daneben gibt es eine ganze Reihe von Selbsthilfegruppen für chronisch kranke und behinderte Menschen, Abstinenzgruppen für Suchtkranke sowie verschiedene örtliche Initiativen, in denen Betroffene versuchen, mit besonderen sozialen Situationen gemeinsam besser fertig zu werden (z. B. verschiedene Elterngruppen). Etwa die Hälfte der Gruppen gehören landes- oder bundesweiten Verbänden (Selbsthilfe-Organisationen) an, die anderen sind ausschließlich lokale Initiativen.

Über ihre Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen haben die Gießener Wissenschaftler von Anfang an in Vorträgen und Fachpublikationen, aber auch im Fernsehen, Rundfunk und Tageszeitungen berichtet und auf diese Weise versucht, Fachleute in anderen Städten ebenfalls zur Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen zu ermuntern. Heute ist kaum noch vorstellbar, auf welche Abwehrhaltung man vor 40 Jahren dabei stieß! Im Laufe der Zeit entwickelte sich jedoch ein bundesweites Netzwerk von engagierten Selbsthilfegruppen-Unterstützern, die sich schließlich in einem gemeinnützigen Verein organisierten, der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. Sie hat traditionsgemäß ihren Sitz in Gießen. Hier wurde das Konzept spezialisierter Kontakt- und Informationsstellen für Selbsthilfegruppen bzw. für daran interessierte Betroffene entwickelt und verbreitet. Derzeit gibt es etwa fast 350 solcher Anlaufstellen in ganz
Deutschland, die in unterschiedlicher Trägerschaft organisiert sind (z. B. bei Wohlfahrtsverbänden, kommunalen Verwaltungen oder gemeinnützigen Vereinen) und die mehr oder weniger eng mit der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen zusammenarbeiten.

Ende 1987 griff das damalige Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit den Kontaktstellen-Ansatz als zentralen Weg der infrastrukturellen Selbsthilfegruppen-Förderung auf und startete einen bundesweiten Modellversuch, in dem 20 ausgewählte Standorte über vier Jahre gefördert wurden. In dieses Programm wurde auch die Gießener Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen wegen ihrer besonderen Erfahrung aufgenommen. Seit 1992 wird die Einrichtung aus Mitteln des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Jugend, Familie und Gesundheit, bzw. seit 1999 vom Hessischen Sozialministerium gefördert.
Hinzu kamen Zuschüsse von Stadt und Landkreis Gießen sowie Fördermittel der Gesetzlichen Krankenkassen nach deren Verpflichtung gem. § 20 h SGB V.

Für dieses wachsende Engagement der Krankenkassen sind wir sehr dankbar, es darf allerdings nicht zum Rückzug der öffentlichen Hände führen! Selbsthilfe-Förderung ist eine gesellschaftliche Gemeinschaftsaufgabe aller Beteiligten zum Wohle der betroffenen Bürgerinnen und Bürger, der Patientinnen und Patienten bzw. der Versicherten. Im Jahre 2008 trat der Landkreis Gießen dem Gesunde Städte-Netzwerk bei. Eine Bedingung für die Aufnahme ist eine fest institutionalisierte Bürgerbeteiligung. Dies wurde der Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen übertragen, wofür der Kreis auch Fördermittel bereitstellt. Diese neue Kooperation fand besonderen Ausdruck in der Organisation und Durchführung gemeinsamer Gesundheits- und Selbsthilfe-Tage. Darüber hinaus ist die Kontaktstelle als Bürgervertretung an Arbeitsgruppen und Gremien beteiligt (beispielsweise die Regionale Gesundheitskonferenz Gießen-Marburg oder der Beirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen der Stadt Gießen).

Durch die räumliche Ansiedlung der Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen im Universitätsklinikum (Friedrichstraße 33) und die intensive Kooperation mit der Psychosomatik – wofür insbesondere deren Leiter, Prof. Johannes Kruse, ganz herzlich zu danken ist – ist eine ungewöhnlich enge Verzahnung von Selbsthilfe-System und professionellem Versorgungssystem möglich. Die Selbsthilfe-Kontaktstelle kann jederzeit auf die fachliche Kompetenz der Klinik zurückgreifen und bei Bedarf auf deren professionelle Angebote hinweisen. Z. B. können Ratsuchende von der Kontaktstelle leicht an die Poliklinik und verschiedene Spezialambulanzen der Psychosomatik vermittelt werden – und umgekehrt kann Patienten dort „auf kurzem Wege“ der Zugang zu Selbsthilfegruppen eröffnet werden. Gute Kontakte bestehen auch zum Sozialdienst des Klinikums, und bei Bedarf wird mit einzelnen Kliniken zusammengearbeitet, regelmäßig mit dem Centrum für Tumorerkrankungen. Niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten verweisen ihre Patienten zunehmend an die Kontaktstelle. Selbsthilfegruppen kommt eine wachsende Bedeutung zu als ein Element komplexer Behandlungsangebote, und insbesondere in der Nachsorge speziell für chronisch kranke Menschen. Selbstverständlich kann sich jeder Bürger kostenlos, und falls gewünscht anonym, direkt an die Kontaktstelle wenden, um sich über Selbsthilfegruppen zu informieren, bei Bedarf ein persönliches Beratungsgespräch über Fragen in Bezug auf Selbsthilfe zu vereinbaren, Zugang zu Gruppen oder Unterstützung bei Neugründungen zu finden.
 

Weiterführende Informationen

Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen 
Friedrichstr. 33 
35392 Gießen 
Telefon: 0641/985-45612 

Homepage:
www.selbsthilfekontaktstelle-giessen.de
 

E-Mail: 
info@selbsthilfekontakstelle-giessen.de