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EPIC Diagnostik/Hirntumor Classifier und Präzisionsmedizin

Durch die wegweisenden Erkenntnisse zahlreicher Studien, die die Exome und Genome verschiedenster Tumorentitäten sequenziert und zentrale molekulare Veränderungen in Tumoren katalogisiert haben, ist die Präzisionsmedizin in der Tumortherapie auf dem Vormarsch. Hierbei erhält der Patient eine maßgeschneiderte Therapie, die sich an den individuellen molekularen Merkmalen seines Tumors orientiert.

Für eine maßgeschneiderte und personalisierte Tumorbehandlung, ist es wichtig, die molekularen Eigenschaften der Tumore genau zu kennen, um sie entsprechenden Risikogruppen zuzuordnen und passende Therapieentscheidungen zu treffen. Zurzeit lassen sich über 100 verschiedene Tumorentitäten des zentralen Nervensystems unterschieden, wobei die Tumore unterschiedlich auf Chemo- und Strahlentherapie ansprechen und unterschiedliche klinische Verläufe zeigen. Tumore des zentralen Nervensystems werden gemäß der WHO Klassifikation mit Hilfe spezifischer histologischer Graduierungsschemata sowie immunhistochemischer und molekularpathologischer Charakteristika klassifiziert.

Die EPIC Diagnostik - eine neuartige Array-basierte molekularpathologische Methodik – ist eine konsequente Weiterentwicklung in der Diagnostik von Gehirntumoren durch den Einsatz von Hochdurchsatzverfahren, die von den Gruppen um Prof. Dr. Stefan Pfister und Prof. Dr. A. von Deimling in Heidelberg am DKFZ entwickelt wurde und von uns als partizipierendes neuroonkologisches Zentrum zusätzlich validiert wurde (1,2). Die parallele Bestimmung von über 850.000 DNA-Methylierungsstellen mit Hilfe des EPIC-Methylierungs-Chips mit dem iScan System (Abb. 1) ermöglicht es, die Diagnose von Hirntumoren über ein computerbasiertes algorithmisches Verfahren in der Zusammenschau mit der Histologie erheblich zu verbessern. 
 

Abb. 1: Illumina Chip und iScan System (Courtesy of Illumina, Inc.)

Mit Hilfe der EPIC Diagnostik können Gehirntumore anhand von Biopsiematerial über Bestimmung der epigenetischen Tumorsignaturen (DNA-Methylierungsprofil) sowie Anwendung maschineller Algorithmen (Brain Tumor Classifier), über den Vergleich mit einer Referenzgruppe von über 2800 Hirntumore prognostisch sowie therapeutisch wichtigen Tumorentitäten bzw. Risikogruppen zugeordnet werden (siehe auch EPIC-Diagnostik/kindliche Hirntumor-Classifier). Diese molekulare Tumordiagnostik ist dem traditionellen histologischen Ansatz in vielen Belangen überlegen. Die Anwendung des Brain Tumor Classifiers über Bestimmung des DNA-Methylierungsprofils von Gehirntumoren unterscheidet mit hoher Genauigkeit und Reproduzierbarkeit alle bekannten Entitäten neuroonkologischer Tumore und kann verschiedene Entitäten in klinisch relevante Subgruppen unterteilen. Sie ist somit von hoher Relevanz für die Patientenversorgung und setzt einen neuen Standard in der neuropathologischen (Differential) Diagnostik im Rahmen der Präzisionsmedizin. Das Methylierungsprofil wird mittels eines DNA-Methylierungs-Chips (EPIC beadarray, Illumina) mit dem iScan System bestimmt. Gleichzeitig können weitere notwendige molekulare Zusatzinformationen wie Status von Chromosom 1p/19q, EGFR- und PDGFR-Amplifikation, PTEN und CDKN2A/B-Deletion sowie weitere Copy-Number Analysen wie z.B. Chromosom 7, 9p, 10, 13q, 20, 22q – gewonnen werden (Abb. 2-5). Für die EPIC-Diagnostik benötigen wir Formalin- fixiertes und Paraffin- eingebettetes Material mit repräsentativen Tumoranteilen (200 ng DNA).

Die EPIC Diagnostik über Anwendung des Tumor Classifier erhöht die diagnostische Genauigkeit bei schwierig einzuordnenden Tumorentitäten deutlich. Aus unserer Erfahrung kann durch zusätzliche Durchführung der DNA-Methylierungsuntersuchungen die Differentialdiagnostik von Gehirntumoren deutlich verbessert werden. So erlaubt die EPIC Diagnostik bei über 10% aller Diagnosen eine Vermeidung von Fehldiagnosen und bei 20% die genauere (prognostische) Tumor-Subtypisierung mit direkten Konsequenzen für die Indikationsstellung zur Therapie des Patienten (z.B. durch Vermeidung von Fehldiagnosen/-therapien). Hierdurch werden z.B. Bestrahlungen bei irrtümlicherweise als maligne eingestuften, niedergradigen Gliomen unterbunden. Auch ermöglicht diese Methode die Diagnosestellung an kleinen oder schwierig zu beurteilbaren Biopsaten. Weiterhin erlaubt die EPIC Diagnostik die Subtypisierung verschiedener Hirntumor-Entitäten in prognostisch wichtige Subtypen: 

Astrozytome/Glioblastome:

Im Anschluss an die Hirntumor-Klassifizierung erfolgt bei Astrozytomen und Glioblastomen mit Hilfe des EPIC-Methylierungsarrays eine weitere Einteilung in prognostische molekulare Subtypen mit deutlichen Unterschieden im medianen Gesamtüberleben (3). Anhand von spezifischen genetischen und chromosomalen Kopienzahlveränderungen (CNV) (Chr.1, 14, 19; CDK4, MDM2, CDKN2A) können drei Subtypen (W1, W2, W3) des Glioblastoms (WHO Grad IV), IDH Wildtyp und drei Subtypen (M1, M2, M3) des Astrozytoms/Glioblastoms (WHO Grad II-IV) IDH mutiert unterschieden werden (Abb. 2, 3). 

Meningeome:

Im Anschluss an die Hirntumor-Klassifizierung erfolgt bei Meningeomen eine weitere Subtypisierung. Der auf einer DNA- Methylierung basierende Meningeom-Classifier erfasst klinisch homogenere Gruppen und hat eine höhere Aussagekraft für die Vorhersage von Tumorrezidiven- und Prognose als die WHO-Klassifikation und ermöglicht eine Stratifizierung von Meningeom-Patienten zu Beobachtungs- oder adjuvanten Behandlungsgruppen (4). Innerhalb des Meningeom Classifiers werden zwei Gruppen, Gruppe A und B unterschieden. Gruppe A mit einem generell besseren klinischen Verlauf enthält die Methylierungsklasse „benigne 1-3“ und die Methylierungsklasse „intermediär-A“. Gruppe B enthält die Methylierungsklasse „intermediär-B“ und die Methylierungsklasse „maligne“. Der Meningeom-Classifier kann bei der Identifizierung von Patienten mit hohen Rezidivrisiko in WHO Grad I Meningeomen bzw. niedrigem Rezidivrisiko in WHO Grad II Meningeomen helfen (Abb. 5).

  1. Capper D., Jones D.T.W., Sill M. and Hovestadt V. et al. Nature (2018) DNA methylation-based classification of central nervous system tumours.
  2. www.molecularneuropathology.org - Online-Plattform zur DNA-Methylierungsanalyse
  3. Cimino et al. Acta Neuropathol Commun (2017) Multidimensional scaling of diffuse gliomas: application to the 2016 World Health Organisation classification system with prognostically relevant molecular subtype discovery.
  4. Sahm et al. Lancet Oncol. (2017) DNA methylation-based classification and grading system for meningioma: a multicentre, retrospective analysis).

Abb. 2: Glioblastom, mesenchymale Subklasse, mit Amplifikation (Zugewinn) von Chromosom 7 und 20 Deletion (Verlust) von Chromosom 10. Co-Amplifikation des CDK4- und MDM2-Gens. Das molekulare Profil spricht für einen W1-Subtyp. Glioblastome, die zum W1-Subtyp gehören, gehen mit einer ungünstigen Prognose einher (Hirntumor Classifier und Chromosomenanalyse)

Abb. 3: Glioblastom, RTK II Subklasse mit Amplifikation (Zugewinn) von Chromosom 7 und 19 und Deletion von Chromosom 9p und 10. Amplifikation des MDM4- und EGFR-Gens und Deletion des CDKN2A/B-Gens. Das molekulare Profil spricht für einen W3-Subtyp. Glioblastome, die zum W3-Subtyp gehören, gehen mit einer günstigeren Prognose einher (Hirntumor Classifier und Chromosomenanalyse).

Abb. 4: Oligodendrogliom mit kombinierter chromosomaler 1p19q Co-Deletion (Hirntumor Classifier und Chromosomenanalyse).

Abb. 5: Atypisches Meningeom vom intermediären Typ A mit Deletion (Verlust) von Chromosom 1p, 6q, 14q, 22q und Deletion des CDKN2A/B-Gens. Ein Großteil der Meningeome dieser Methylierungsklasse weist einen erhöhten Mitoseindex auf und gehört zur Gruppe der atypischen Meningeome (WHO Grad II), einige Fälle können histologisch unauffällig sein. Patienten mit WHO Grad I Meningeomen, die in die Methylierungsklasse „intermediär-A/B“ fallen, zeigen einen schlechteren klinischen Verlauf, ähnlich dem von WHO Grad II Meningeomen (4) (Meningeom Classifier und Chromosomenanalyse).

 

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EPIC-Diagnostik/kindliche Hirntumor-Classifier:

EPIC Diagnostik/kindliche Hirntumor Classifier und Präzisionsmedizin

In ähnlicher Weise wie beim Brain Tumor Classifier (( EPIC-Diagnostik/Hirntumor Classifier) können mit Hilfe der EPIC Diagnostik auch kindliche Hirntumore anhand von Biopsiematerial über Bestimmung der epigenetischen Tumorsignaturen (DNA-Methylierungsprofil) sowie Anwendung maschineller Algorithmen (Brain Tumor Classifier), über den Vergleich mit einer Referenzgruppe prognostisch sowie therapeutisch wichtigen Tumorentitäten bzw. Risikogruppen zugeordnet werden (1,2). Diese molekulare Tumordiagnostik ist dem traditionellen histologischen Ansatz in vielen Belangen überlegen. Die Anwendung des Brain-Tumor-Classifiers über Bestimmung des DNA-Methylierungsprofils unterscheidet mit hoher Genauigkeit und Reproduzierbarkeit verschiedene kindliche Hirntumor-Entitäten und kann verschiedene Entitäten in klinisch relevante Subgruppen unterteilen (Abb. 1-5). Sie ist somit von hoher Relevanz für die Patientenversorgung und setzt einen neuen Standard in der neuropathologischen (Differential) Diagnostik im Rahmen der Präzisionsmedizin dieser z.T. diagnostisch sehr herausfordernden Tumorentität. Das Methylierungsprofil wird mittels eines DNA-Methylierungs-Chips (EPIC beadarray, Illumina) mit dem iScan System bestimmt. Gleichzeitig können weitere notwendige molekulare Zusatzinformationen wie genetische und chromosomalen Kopienzahlveränderungen (CNV) wie Status von Chromosom 1p/19q, MYCN, EGFR- und PDGFR-Amplifikation, PTEN und CDKN2A/B-Deletion sowie weitere Copy-Number Analysen wie z.B. Chromosom 7, 9p, 10, 11, 13q, 20, 22q – auch zur weiteren Risikostratifizierung z.B. beim Medulloblastom (3) gewonnen werden (Abb. 1-5). Für die EPIC-Diagnostik benötigen wir Formalin- fixiertes und Paraffin- eingebettetes Material mit repräsentativen Tumoranteilen (200 ng DNA). 

1.    Capper D., Jones D.T.W., Sill M. and Hovestadt V. et al. Nature (2018) DNA methylation-based classification of central nervous system tumours. 
2.    www.molecularneuropathology.org - Online-Plattform zur DNA-Methylierungsanalyse
3.    Ramaswamy V. et al. ActaNeuropathol- Risk stratification of childhood medulloblastoma in the molecular era: the current consensus.

Abb. 1: Diffuses Mittelliniengliom H3 K27M mutiert mit Deletion (Verlust) von Chromosom 10q, 14q und 15q. Daneben findet sich eine Deletion im PTEN-Gen. Die Methylierungsklasse „diffuse Mittelliniengliome“ enthält Tumorentitäten mit der histologischen Diagnose eines diffusen Mittellinienglioms H3K27M mutiert, welche in der Mittellinie (Thalamus, Hirnstamm, Kleinhirn, spinal) lokalisiert sind. Überwiegend finden sich Mutationen im Kodon 27 im H3F3A-Gen Histon 3.3, weniger häufig im H3.1 HIST1H3B/C-Gen und H3.2 HIST2H3C-Gen (Hirntumor Classifier und Chromosomenanalyse).

Abb. 2: Niedergradiges Gliom mit MYB/MYBL1 Rearrangement. Die Methylierungsklasse niedergradige Gliome MYB/MYBL1 umfasst Tumore, welche histologisch einem angiozentrischen Gliom oder weniger häufig einem niedergradigen Gliom bzw. glioneuronalen Tumor im Sinne eines Ganglioglioms oder dysembryoplastischen neuroepithelialen Tumors entsprechen. Molekular finden sich häufig Rearrangements im MYB-(MYB:QKI Fusionen) und MYBL1-Gen (Hirntumor Classifier und Chromosomenanalyse).

 

 
Abb. 3: Pilozytisches Astrozytom; Subtyp niedergradiges Gliom, hintere Schädelgrube pilozytisches Astrozytom mit Nachweis einer KIAA1549:BRAF Fusion. BRAF1549:KIAA Fusionen sind hochspezifisch für pilozytische Astrozytome und finden sich in über 60% (Hirntumor Classifier und Chromosomenanalyse).

Abb. 4: Ependymom, posterior fossa Gruppe B. Es werden drei Gruppen von Ependymomen unterschieden: Supratentorielle-, posterior Fossa und spinale Ependymome. Die Methylierungsklasse Ependymome posterior Fossa Gruppe B enthält Ependymome des WHO Grades II und III, welche in der hinteren Schädelgrube lokalisiert sind. Es finden sich Amplifikationen (Zugewinne) in folgenden Chromosomen: 4, 11, 15, 18 (Hirntumor Classifier und Chromosomenanalyse).


 
Abb. 5: Medulloblastom Gruppe 3 und 4, Subtyp Medulloblastom Gruppe 4 mit Amplifikation (Zugewinn) in folgenden Chromosomen:  1q (partiell), 4, 6, 9, 12q (partiell), 17q (partiell). Die Methylierungsklasse Medulloblastom Gruppe 4 enthält Tumore, die histologisch überwiegend einem klassischen, anaplastischen oder großzelligen Medulloblastom entsprechen. Häufige molekulare Veränderungen sind strukturelle Chromosomenaberrationen in Chromosom 17q und Amplifikationen im MYCN-Gen (Hirntumor Classifier und Chromosomenanalyse).

EPIC-Diagnostik/Sarkom-Classifier:

Periphere Nervenscheiden Tumor-/Sarkom-Classifier:

In ähnlicher Weise wie beim Brain Tumor Classifier (( EPIC-Diagnostik/Hirntumor Classifier) können mit Hilfe der EPIC Diagnostik auch periphere Nervenscheidentumore und Sarkome anhand von Biopsiematerial über Bestimmung der epigenetischen Tumorsignaturen (DNA-Methylierungsprofil) sowie Anwendung maschineller Algorithmen (Sarkom Classifier), über den Vergleich mit einer Referenzgruppe prognostisch sowie therapeutisch wichtigen Tumorentitäten bzw. Risikogruppen zugeordnet werden (1,2). Diese molekulare Tumordiagnostik ist dem traditionellen histologischen Ansatz in vielen Belangen überlegen. Die Anwendung des Sarkom Classifiers über Bestimmung des DNA-Methylierungsprofils unterscheidet mit hoher Genauigkeit und Reproduzierbarkeit verschiedene Sarkom-Entitäten und kann verschiedene Entitäten in klinisch relevante Subgruppen unterteilen. Sie ist somit von hoher Relevanz für die Patientenversorgung und setzt einen neuen Standard in der neuropathologischen (Differential) Diagnostik im Rahmen der Präzisionsmedizin dieser z.T. diagnostisch sehr herausfordernden Tumorentität. Das Methylierungsprofil wird mittels eines DNA-Methylierungs-Chips (EPIC beadarray, Illumina) mit dem iScan System bestimmt. Gleichzeitig können weitere notwendige molekulare Zusatzinformationen wie genetische und chromosomalen Kopienzahlveränderungen (CNV) gewonnen werden (Abb. 1). Für die EPIC-Diagnostik benötigen wir Formalin- fixiertes und Paraffin- eingebettetes Material mit repräsentativen Tumoranteilen (200 ng DNA).

4.    Capper D., Jones D.T.W., Sill M. and Hovestadt V. et al. Nature (2018) DNA methylation-based classification of central nervous system tumours. 
5.    www.molecularneuropathology.org - Online-Plattform zur DNA-Methylierungsanalyse


 
Abb. 1: Maligner peripherer Nervenscheidentumor mit Amplifikation (Zugewinn) von Chromosom 7p, 17q und Deletion (Verlust) von Chromosom 9p, 10p, 13q, 16q und 17q. Amplifikation des PDGFRA- und EGFR-Gens und Deletion des CDKN2A/B-Gens (Sarkom-Classifier und Chromosomenanalyse).