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Informationen über die Krankheitsbilder

Untenstehend findet Sie ausführliche Informationen zu den verschiedenen Krankheitsbildern, die in der Post-Covid/Post-Vac Ambulanz behandelt werden.

Postinfektiöse Syndrome

Ein postinfektiöses Syndrom (PAIS) ist eine Multisystem-Erkrankung, die als Folge einer akuten Infektionserkrankung, wie beispielsweise einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (Pfeiffersches Drüsenfieber) oder dem Influenza-Virus (Grippe) auftritt. Zudem kann ein solches Syndrom auch nach bakteriellen oder parasitären Infektionen und Impfungen auftreten. Auch wenn die Heilung oft langwierig ist heilen Symptome, die auf die Akutinfektion folgen, oft innerhalb des ersten Jahres nach Auftreten aus. In einigen Fällen kommt es allerdings zu einer Chronifizierung der Erkrankung, die dann lebenslänglich bestehen bleiben kann.

Da es sich um eine Multisystem-Erkrankung handelt sind die Symptome vielfältig und reichen von neurologischen (Brain Fog, Schwindeln, Missempfindungen, Taubheitsgefühle, Schlafstörungen), über kardiovaskuläre (Herzrasen, Blutdruckschwankungen, Durchblutungsstörungen) bis hin zu rheumatologischen (Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Gelenksentzündungen) und hormonellen Symptomen (vermehrter Durst, Zyklusstörungen, Haarausfall).

Die genauen Ursachen und Mechanismen dieser Erkrankungen sind leider bisher noch unzureichend erforscht. Da es auch keinen spezifischen diagnostischen Marker gibt bleibt sie somit vorerst eine  Ausschlussdiagnose. Daher gibt es auch noch keine Heilung für diese Art der Erkrankung, allerdings kann man durch die Behandlung einzelner Symptome für viele Betroffene zumindest eine Verbesserung des Zustandes und die Vermeidung einer weiteren Verschlechterung erreichen. Zudem können durch eine umfassende Diagnostik auch andere (Begleit-) Erkrankungen aufgedeckt werden, die behandelbar sind. Durch die COVID-19-Pandemie ist die Zahl der Betroffenen enorm gestiegen, doch auch die Forschung zum Thema PAIS wurde weltweit stark ausgebaut. 

Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom (ME/CFS)

ME/CFS ist die schwerste, chronische Verlaufsform eines PAIS. Die neuroimmunologische Erkrankung geht mit einer Vielzahl von Symptomen einher, Kernmerkmal ist eine Belastungsintoleranz, die sogenannte Post-Exertionelle Malaise (PEM).

PEM bedeutet für die Betroffenen, dass sie ein strenges Pacing einhalten müssen, d.h. dass sie sich auf keinen Fall über ihre Belastungsgrenze aktivieren dürfen, ohne eine (dauerhafte) Verschlechterung zu riskieren.

Diese Belastungsgrenze ist bei den Betroffenen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während leicht Betroffene teilweise noch ihrer Arbeit nachgehen können (oft reduziert oder im Home-Office) und danach in ihrer Freizeit und ihrem Sozialleben eingeschränkt sind, können bei sehr schwer Betroffenen schon leichteste Reize, wie Geräusche oder Licht eine zu große Belastung darstellen und eine Verschlechterung bewirken, die schlimmstenfalls dauerhaft ist. Diese Betroffenen können das Haus oder gar das Bett nicht mehr verlassen und müssen komplett von den Umweltreizen abgeschirmt werden. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Erkrankung ein hohes Maß an körperlicher Behinderung und Pflegebedürftigkeit mit sich bringt und so auch eine enorme Belastung für Angehörige darstellt. Schätzungsweise ein Viertel der ME/CFS-Betroffenen kann das Haus nicht mehr verlassen, circa 60 % sind arbeitsunfähig [1].

Schwindel, Sehstörungen, Tachykardien, Glieder- und Nervenschmerzen sowie Licht- und Geräuschempfindlichkeit sind nur einige der Symptome, die ein soziales Leben oder Arztbesuche, je nach Schwere der Krankheit, erschweren oder unmöglich machen. 

 

Präpandemisch litten schätzungsweise bereits 250.000 Menschen in Deutschland an ME/CFS, darunter etwa 40.000 Kinder und Jugendliche [1]. Diese Zahl dürfte sich durch die Pandemie mindestens verdoppelt haben. Frauen sind etwa dreimal häufiger betroffen als Männer, außerdem gibt es Altersprävalenzen in der Jugend und zwischen 30 und 39 Jahren [2].

 

Quellen:

[1] Was ist ME/CFS? — Deutsche Gesellschaft für ME/CFS (mecfs.de)

[2] Daten & Fakten — Deutsche Gesellschaft für ME/CFS (mecfs.de)

Post-COVID-Syndrom/Long-COVID

Post-COVID, im allgemeinen Sprach-Gebrauch auch oft Long-COVID genannt, bezeichnet ein postvirales Krankheitsbild, bei dem Betroffene nach einer SARS-CoV-2-Infektion über einen verlängerten Zeitraum behandlungsbedürftige und lebenseinschränkende Symptome aufweisen. Von Long-COVID spricht man, wenn die Symptome mindestens vier Wochen über die akute Infektion hinaus andauern, ab drei Monaten spricht man von einem Post-COVID-Syndrom.

Eine präzise Anzahl Betroffener Erwachsener und Kinder lässt sich nur schwer ermitteln, da es an aussagekräftigen Studien mangelt. Eine große niederländische Studie kam auf einen Wert von 12,7% der Betroffenen, die nach einer SARS-CoV-2-Infektion ein Post-COVID-Syndrom entwickelten [3]. Ein systematisches Review und eine Meta-Analyse des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) kam auf eine geschätzte Prävalenz von 51% [4].

Die Ursachen für ein Post-COVID-Syndrom sind bisher nicht abschließend geklärt. Diskutiert werden Viruspersistenz, Reaktivierung anderer Erreger, Autoimmunität und Fehlfunktionen des Immunsystems.

 

[3] Persistence of somatic symptoms after COVID-19 in the Netherlands: an observational cohort study - The Lancet

[4] Prevalence of post COVID-19 condition symptoms: a systematic review and meta-analysis of cohort study data, stratified by recruitment setting (europa.eu)

Post-Vac-Syndrom

Das Post-Vac-Syndrom entspricht einem Post-COVID-Syndrom, das im zeitlichen Zusammenhang mit einer COVID-Impfung auftritt, ohne dass zeitgleich eine COVID-Infektion vorgelegen hat. 

Genaue Zahlen zum Post-Vac-Syndrom gibt es nicht, es dürfte von einigen tausend bis wenigen zehntausend  Menschen in Deutschland ausgegangen werden. Auch wenn die Anzahl der Betroffenen geringer ist, als die von Betroffenen nach einer COVID-Infektion, unterscheidet sich die Erkrankung nicht in ihrer Schwere und Betroffene dürfen aus der Versorgung nicht ausgeschlossen werden. 

Die Symptomatik und auch die Heterogenität der Symptome deckt sich mit der von Post-COVID und auch hier kann sich die Erkrankung schlimmstenfalls zu einer chronischen ME/CFS-Erkrankung entwickeln.

Verhaltensempfehlungen bei postinfektiösen Syndromen

Für alle drei Krankheitsbilder gilt, dass erneute Infektionen, im Besonderen COVID-Infektionen, zu einer weiteren  Verschlechterung der Erkrankung führen können. Daher empfehlen wir Betroffenen (sowie auch allen anderen) auf Infektionsschutz und Hygienemaßnahmen zu achten und weisen in dem Zusammenhang auf den RKI-Ratgeber zu COVID-19 hin: RKI - RKI-Ratgeber - COVID-19

 

Informationen über den richtigen Umgang mit der Erkrankung, falls bei Ihnen eine Belastungsintoleranz (PEM) vorliegt, sowie generelle Informationen über das Krankheitsbild ME/CFS, finden Sie auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS:

Deutsche Gesellschaft für ME/CFS - Start — Deutsche Gesellschaft für ME/CFS (mecfs.de)

Was ist PEM? - Post-Exertionelle Malaise — Deutsche Gesellschaft für ME/CFS (mecfs.de)

Pacing - Pacing — Deutsche Gesellschaft für ME/CFS (mecfs.de)